Das Fischer Gleichnis, oder die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral
„Ein Tourist, der sich 2 Wochen Urlaub in Portugal gönnt, trifft an einem Strand auf einen Fischer. Nachdem er ihn eine Weile beobachtet hat, erkundigt sich der Tourist nach den gefangenen Fischen. Der Fischer zeigt ihm seinen Fang und sagt, dass er für heute fertig ist. Der Tourist schaut verwundert auf die Uhr, denn es sei ja noch früh am Tag. Der Fischer antwortet, dass er genug für sich und seine Familie gefischt hat und auch ausreichend für den Markt, um diese dort zu verkaufen. Der Tourist begreift nicht, warum der Fischer aufhört. Wenn er noch mehr Fische fängt, kann er mehr auf den Markt bringen, mehr verkaufen und zu mehr Wohlstand gelangen. Wenn er geschickt sei, kauft er Boote und stellt Leute ein, die für ihn zum Fischen rausfahren. Vielleicht kauft er sich auch eine Fabrik und baut ein richtiges Fischimperium auf. Dafür, sagt der Tourist, muss der Fischer aber hart arbeiten. Er muss auch aufpassen, nicht bankrott zu gehen oder sich zu überlasten. Sollte er das schaffen, kann er die Firma in 10 – 15 Jahren für viel Geld wieder verkaufen. Der Fischer fragt ihn, wozu das alles nötig sei und der Tourist sagt ihm: „Na, damit du in einem schönen Fischerdorf leben kannst, wo ständig die Sonne scheint, du aufs Meer hinaus fährst wann immer du willst, ein paar Fische fängst, um dann früh nach Hause zu gehen und du noch viel Zeit für andere Dinge hast“. Der Fischer schaut ihn verwundert an und sagt: „Wo ist dann der Unterschied zu jetzt?„
So ähnlich schrieb Heinrich Böll die „Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ oder wie manche es auch nennen, das „Fischer Gleichnis“, „Die Geschichte vom Fischer und vom Millionär“, oder „Der Fischer und der Manager“ für eine Sendung des Norddeutschen Rundfunks zum „Tag der Arbeit“ am 1. Mai 1963. Zudem gibt es das Gleichnis immer wieder in verschiedenen Abwandlungen je nach Land und Sprache. In den USA ist es bspw. ein mexikanischer Fischer und der Tourist ein Investment Banker, aber die Moral der Geschichte ist immer die gleiche.
Die Geschichte stößt zum Nachdenken an und das soll sie auch. Es ist wichtig, diese Geschichte aus mehreren Perspektiven zu betrachten und ihr nicht nur eine Bedeutung beizumessen.
Die positive Bedeutung des Fischer Gleichnisses
Es ist einfach, dieser Geschichte etwas Positives abzugewinnen. Es ruhig angehen zu lassen, Dinge nicht zu übertreiben, Geld ist nicht alles, warum Risiken eingehen, wenn es nicht notwendig ist und das Leben zu genießen wie es ist. Für mich steht diese Geschichte für 2 Dinge.
Erstens sollte man sich öfter hinterfragen, wofür und warum man Dinge tut. Der Fischer fängt genug Fische, um sich und seine Familie zu ernähren und das reicht ihm. Mehr will er vielleicht auch gar nicht.
Zweitens, dass das Leben nicht in einer gewissen Sequenz fortschreiten muss: Kindheit, Schule, Ausbildung oder Studium. Anschließend Arbeiten, dann Job wechseln, in einer Arbeit länger bleiben, vielleicht sein halbes Leben, zwischendurch Reisen, Haus kaufen, oder bauen, bis zur Rente arbeiten, Rente erhalten und dann? Laut dem Touristen kann man das Leben erst dann genießen, wenn man hart für sein Geld gearbeitet hat und ein kleines Geldpolster aufgebaut hat. Die Antwort des Fischers zeigt jedoch, dass es so nicht so sein muss. Es ist auch früher möglich, es ruhiger angehen zu lassen. Man sollte nur sich die Frage beantwortet haben, was will man wofür.
Die Gefahr des Fischer Gleichnisses
Die Moral von der Geschichte, oder die Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral
Ich denke, es macht wenig Sinn direkt den Stift oder den Hammer fallen zu lassen bzw. den Finger von der Tastatur zu nehmen, nachdem man die Geschichte gelesen hat, sondern sie als Inspiration zu nehmen das Leben als Poesie zu sehen, in der man sein eigener Dichter ist. Aber auch ein Dichter hat viel Arbeit etwas aufs Papier zu bringen!